Der traditionsreiche Nachtclub Lido gilt in Wien seit Jahrzehnten als Paradebeispiel für den an sich eher scherzhaft gemeinten Begriffes des >Freudenhauses<. Seine Stammgäste wissen, was sie von einer Nacht im Lido erwarten dürfen.
Die beiden schwarzhaarigen Herren, die an diesem Abend so gegen 22 Uhr das gut ausgestatte, renovierte Lokal betraten, waren anscheinend zum ersten Mal in den Lusttempel gekommen. Beide waren so um die Dreißig herum, trugen gutgeschnittene dunkle Anzüge, die ihre breiten Schultern gut kaschierten und hatten auch perfekt auf den Fuß zugeschnittene Maßschuhe an. Einem genauen Beobachter wären vielleicht noch die beiden Ausbuchtungen aufgefallen, die sich auf ihren jeweiligen linken Seiten, knapp unterhalb ihrer Schultern, zeigten.
Aber im Lido achtete man aber auf so etwas nicht. Neue Gäste wurden auf ganz andere Dinge hin taxiert.
Ob sie wohl genügend Bargeld oder gedeckte Kreditkarten bei sich hatten, ob sie spendabel genug wären, die immer durstigen Damen auf Champagner einzuladen (die Mädels bekamen meist gefärbtes Wasser, die Gäste zahlten aber den Champagnerpreis) und ob sich einer oder gar beide Herren zu einem Besuch in eines der luxuriösen Separees überreden lassen würden? Die Beiden setzten sich an die Bar.
Die Frau, die hinter der Bar stand, war eine altbewährte Dienerin der Nacht und hatte die beiden Herren als >Krens< taxiert. Das ist ein alt-wienerischer Ausdruck für spendable Kavaliere. Mit strahlendem Lächeln wandte sie sich ihnen zu. „Was möchten die Herren gerne trinken?“ Ihr gefärbtes blondes Haar und die falschen Zähne hofften auf eine entsprechende Bestellung, von der auch sie ihre Anteilsprozente kassieren würde.
Als die Beiden aber jeder nur eine Flasche Mineralwasser orderten, kriegte sie förmlich einen Gesichtsbruch. Mit einem knappen „Bitte sehr, die Herren“, knallte sie ihnen das bestellte Mineralwasser hin. Wie konnte sie sich so täuschen? Ihr Gesicht sprach Bände. Sie zog sich in die hinterste Ecke ihrer Bar zurück.
Die Herren schenkten sich ein, tranken einen Schluck, zündete sich jeder eine Zigarette an und winkte die Barfrau zu sich. „Wir hätten gerne mit dem Chef oder Geschäftsführer gesprochen.“
„Ich weiß nicht, ob er schon da ist. Seid’s ihr Kieberer oder Finanzer?“
„Das sagen wir ihm schon selber. Wir wissen, dass er da ist. Holen Sie ihn her. Jetzt bitte!“
Die Barfrau zuckte mit den Achseln, ging zu dem hinten an der Bar stehenden Telefon, wählte und sagte einige Worte. „Der Herr Popescu kommt gleich“, informierte sie die Beiden. Die nickten und nahmen wieder einen Schluck Wasser.
Kurze Zeit darauf erschien Roman Popescu, der Geschäftsführer. „Guten Abend die Herren. War irgendwas nicht zu Ihrer Zufriedenheit? Wie kann ich Ihnen behilflich sein? Haben Sie vielleicht Sonderwünsche?“
„Am besten wäre es, Herr Popescu, wir gingen in ihr Büro. Es muss doch nicht jeder hören, was wir Ihnen mitzuteilen haben!“ Höflich aber bestimmt hatte das einer der beiden Männer verlangt.
Popescu nickte und war sich nun sicher, dass die Beiden von irgendeiner Behörde kamen. Nun, da brauchte er sich keine großen Sorgen zu machen. Er war ein bewährter Nachtclub Manager. Im Lido war alles, so weit wie möglich, in Ordnung. Die Mädchen waren alle registriert und unterzogen sich ausnahmslos der vorgeschriebenen Gesundheitsprüfung. Die Sauberkeit und Hygiene in allen Räumen war vorbildlich und die an der Steuer vorbeilaufenden Einnahmen überstiegen nicht das übliche Maß. Also nickte er kurz und bat mit einem knappen „Bitte“ die beiden Besucher in sein Büro, das über eine schmale Wendeltreppe erreichbar war.
Dort angelangt, bot er ihnen Sitzplätze an, setzte sich selber hinter seinen Schreibtisch, riskierte einen kurzen Blick auf die Monitore, die alle Aktivitäten, auch die in den Separees, überwachten und wandte sich dann seinen Gästen zu. „Also, um was geht es?“
„Wir kommen von der Schutzgemeinschaft, Herr Popescu und unterbreiten Ihnen ein Angebot! Mein Name ist Max und der Herr neben mir ist Moritz.“
Popescu grinste. „Max und Moritz! Von einer Schutzgemeinschaft? Wie kurios. Kenne ich nicht. Was soll das? Wir sind ausreichend versichert.“
„Aber eben nicht gegen alle Risiken“, konterte Moritz „die einen so sympathischen Klub wie den ihren, treffen könnten. Unsere Schutzgemeinschaft garantiert dafür, dass im Lido keine unerwünschten Vorfälle passieren. Stellen Sie sich etwa vor, ein Haufen randalierender Afghanen oder Tschetschenen, Eisenstangen in den Händen, könnten Unfrieden bereiten. Wie es neulich in der Lugner City passiert ist. Wollen Sie das?“
Popescu schwieg dazu. In seinem Gesicht aber arbeitete es deutlich.
Max setzte fort. „Oder irgendwer wirft Brandsätze im Lokal. Das geht sehr schnell. Auch bei ihrem Escort-Service sollten Sie auf ausreichenden Schutz nicht verzichten. Wissen Sie, wie Mädchen aussehen, denen Säure ins Gesicht geschüttet wurde? Furchtbar, sage ich Ihnen. Wirklich furchtbar!“
Popescu war blass geworden. Deutlich traten die Adern auf der Stirn hervor. „Das ist Erpressung! Schutzgelderpressung. Darauf läuft es hinaus! Ich werde sofort die Polizei über euch Gangster informieren“, brüllte er.
„Gangster?“, Max grinste. „Wir sind doch keine Gangster, Herr Popescu. Wir sind Kaufleute und schlagen Ihnen ein Geschäft vor, von dem beide Seiten profitieren. Das ist doch der Sinn von Geschäften, oder?“
„Für eine Monatsprämie in Höhe von, sagen wir fürs Erste achttausend Euro, garantieren wir Ihnen, dass Sie und ihr Klub von all den beschriebenen Vorfällen verschont bleiben wird. Wenn Sie ablehnen? Nun, dann können wir leider für Nichts garantieren“, ergänzte Moritz bedauernd.
Statt einer Antwort griff Popescu in eine Schreibtischlade und holte einen Revolver hervor. „Und ich garantiere euch zwei komischen Vögeln gleich ein Loch im Hirn, wenn ihr Euch nicht augenblicklich schleicht und Euch hier nie wieder sehen lasst!“
Der Revolver beindruckte Max und Moritz in keinster Weise. Langsam standen sie auf. „Das ist sehr schade, Popescu. Sehr schade! Wir sehen uns noch!“ Mit diesen Worten gingen sie bei der Tür hinaus.
Popescu blickte ihnen wutentbrannt nach. Dann ging er zu seinem Türsteher. Einem vierschrötigen Kerl, ebenfalls aus Rumänien. „Merke Dir diese beiden Gesichter. Diese Typen, Max und Moritz haben sie sich genannt, dürfen den Klub nie wieder betreten! Absolutes Lokalverbot! Hast Du das kapiert?“
Der Türsteher nickte grinsend. „Chef, Du können verlassen sich auf Milos! Milos macht Mititei aus ihnen!“
Einigermaßen beruhigt ging Popescu zurück in den Lido und widmete sich einigen Stammgästen.
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