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Simon Pichler, Zhong Wei[1] des europäischen Teiles der weltumspannenden Volksbefreiungsarmee (VBA) Chinas, entstieg dem Lufttaxi, das ihn vom Militärflughafen in Frankfurt direkt vor seinem Wohnhaus abgesetzt hatte. Der Transport mit den neuen Lufttaxis war für die Offiziere der Armee kostenlos.

Simon Pichler war einer der wenigen nichtchinesischen Offiziere in der Vielvölkerarmee. In der Regel waren Offiziersposten nur den Chinesen vorbehalten. Auch in den europäischen Divisionen der weltumspannenden VBA, die diesen Namen eigentlich nur mehr aus Traditionsgründen führte. Es gab fast keine Völker mehr, die auf die chinesische Befreiung warteten.

Woher Simon Pichler stammte, wer seine Eltern waren und wie sein wirklicher Name lautete, wusste er nicht. Er war eines der Kleinkinder, die man damals auf der panischen Flucht aus dem Baltikum verloren, vergessen oder gar ausgesetzt hatte. Hätte ihn nicht ein kinderloses Ehepaar mit Namen Pichler adoptiert, wäre er vermutlich irgendwo untergegangen. Ein hilflos stammelnder Zweijähriger, der nicht verstand, was rings um ihn eigentlich passierte. Die Pichlers gaben ihm den Namen Simon.

Kurz vor seinem 17. Geburtstag traten bei seinen Adoptiveltern die Spätfolgen der atomaren Verseuchung auf. Beide wurden in die medizinische Enklave gebracht, wo sie kurz darauf verstarben. Da Simon nichts Besseres mit sich anzufangen wusste, meldete er sich freiwillig zur Armee. Dort fühlte er sich geborgen und wohl. Ein neues Zuhause für ihn.

Seine Vorgesetzten wurden rasch auf den eifrigen regimegläubigen Rekruten aufmerksam. Simon zeichnete sich durch besonderen Mut und Einsatzfreude aus. Eine Karriere in der Volksbefreiungsarmee schien ihm sicher.

Allerdings gab es fast keine Völker mehr, die auf eine „Befreiung“ durch die VBA hoffen durften. Rohstoffreiche Länder hatten sich mehr oder weniger freiwillig dem Regime in Peking angeschlossen, andere noch selbstständige Staaten waren für die Chinesen einfach uninteressant. Dazu zählten unter anderem die Dürregebiete Afrikas, und das unüberschaubare Polynesien.

Neuseeland war so zu einer Enklave für die Europäer geworden, die nicht unter der allumspannenden Pekinger Dominanz leben wollten. Nicht alle aber wurden aufgenommen. Die Regierung in Wellington unterschied penibel zwischen nutzbringenden Zuwanderern und unnützen.

Die Mehrheit der Bürger in Europa konnte sich die neue und bequeme Art des Reisens mit Lufttaxis nicht leisten. Die Kosten dafür waren einfach zu hoch. So waren Flüge mit den Lufttaxis zu beliebten und begehrten Geschenken geworden; für Feiertage, zu Jubiläen und innerfamiliären Festivitäten. Elektrische Fahrräder, natürlich aus chinesischer Produktion, waren zum hauptsächlichen Fortbewegungsmittel der einfachen Leute geworden.

 Daneben gab es noch Automobile in wenigen Varianten, die sich die etwas besser gestellte Mittelschicht leisten konnte; meist waren das die Chinesen. Die früher im alten Europa so blühende Autoindustrie stand unter chinesischer Planwirtschaft. Die großen Werke waren dazu angehalten, sich nicht mehr gegenseitig zu konkurrenzieren.

Jede Autofabrik durfte jährlich nicht mehr als zwei neue Modelle produzieren. Entweder PKWs, oder LKWs, oder Busse. Ausgenommen von dieser marktfeindlichen Regelung waren Fahrzeuge, die für die Armee hergestellt wurden. Fahrzeuge aus den USA unterlagen zur Gänze einem Importverbot.

Es war dies Simon Pichlers erster Heimaturlaub seit fünf Jahren. Er war in Alaska, der alten und neuen russischen Grenze stationiert. Dort war ein zehn Kilometer breiter Grenzstreifen als eine Art entmilitarisierter Zone zwischen den USA und Russland eingerichtet worden. Streng kontrolliert von den europäischen Einheiten der VBA.

Simon Pichler hatte sich mehrfach ausgezeichnet, als er alleine immer wieder Gruppen von Russen stellte, die unerlaubt russischen Wodka über den Grenzstreifen in die USA schmuggeln wollten. Ohne Bedenken hatte er sie erschossen oder gefangen genommen. Gefasste Schmuggler erwarteten schwere Strafen in chinesischen Lagern.

Seinen Dienst in Alaska empfand Simon Pichler als sehr angenehm. Das dünn besiedelte Land besteht aus drei landschaftlichen Großräumen: der Gebirgskette entlang der gesamten südlichen Pazifikküste, der Yukon-Niederung mit ihrem Berg- und Hügelland sowie der Küstenebene am Nordpolarmeer. Im Osten grenzt Alaska an Kanada[2], im Westen an das Beringmeer, im Norden an das Nordpolarmeer und im Süden an den Golf von Alaska.

Alaska war der erste Teil des amerikanischen Kontinents, der von Menschen besiedelt wurde. Aus Sibirien kommend, erreichten Nomaden die Gegend vor etwa 36.000 Jahren über eine damals noch bestehende Landbrücke zwischen Asien und Nordamerika.

Der erste Europäer, der Alaska sichtete, war der russische Entdecker Semjon Deschnjow. Ab 1745 erkundeten die Russen ihre spätere Kolonie Russisch-Amerika auf der Suche nach wertvollen Pelzen. Die endgültige Grenze zwischen Russisch-Amerika, Großbritannien und den USA wurde 1824 in Verträgen konkretisiert.

Russisch-Amerika wurde für das Zarenreich immer wichtiger. Alaska war für die aufstrebende Weltmacht Russland die einzige Übersee-Kolonie, aber schwierig zu verwalten.

Um seine Staatskasse nach dem verlorenen Krimkrieg wieder aufzufüllen, verkaufte Zar Alexander II Russisch-Alaska für einen Spottpreis von 7,2 Millionen Dollar[3]  an die Vereinigten Staaten. 1867 ging das Gebiet offiziell in amerikanischen Besitz über und wurde 1959 zum 49. Bundesstaat der Vereinigten Staaten von Amerika erhoben.

Alaska war nunmehr von China wieder an die Russen übergeben worden, weil man es in Peking für taktisch klug hielt, wenn sich die immer noch verfeindeten Staaten, die einstigen Großmächte Russland und USA, direkt gegenüberliegen.

Als Gegenleistung für die Abtretung wurden den Amerikanern ein Teil ihrer Schulden gegenüber den Chinesen erlassen. Die USA hatten keine Wahl; sie mussten dem chinesischen Vorschlag zustimmen. Das retournierte Areal umfasste etwa 1,6 Millionen km². Das erste Mal in ihrer Geschichte mussten die USA ein ihnen gehörendes Territorium aufgeben.

Ein ununterbrochen nagender Schmerz in der amerikanischen Seele.

Erregte Proteste in den noch funktionierenden Gegenden Amerikas waren an der Tagesordnung. Die US Bürger konnten nicht verstehen, dass ihre einst so mächtige Nation nun seit Jahren auf Gedeih und Verderb irgendwelchen gelben schlitzäugigen Typen in irgendeinem Peking ausgeliefert waren, von dem die meisten gar nicht wussten, wo sie diese Stadt suchen sollten.

Eine Änderung der chinesischen Position bewirkten die amerikanischen Proteststürme nicht. Die Chinesen, Jahrtausende lang an die Unterdrückung von Minderheiten in ihrem Riesenreich gewohnt, scherten sich darum überhaupt nicht. Einzig der amtierende Präsident der USA konnte sich sicher sein, nach der nächsten Wahl mit Schimpf und Schande aus dem Amt gejagt zu werden.

Eitel Freude herrschte dagegen bei den Russen. Obwohl genauso vom Wohlwollen aus Peking abhängig wie die USA, fühlten sie sich als Sieger. Der russische Präsident, ein Meister des Populismus, stellte die Rückgabe Alaskas als seinen besonderen Erfolg hin und verkaufte dies so seinem gläubigen Volk.

So herrschte nun Friede auf Erden. Ein Friede unter strengen chinesischen Auflagen und Kontrollen. Trotzdem aber ein Zustand, wie es ihn in den Jahrmillionen menschlicher Existenz noch nie gegeben hatte.

Wahrscheinlich ist die absolute Herrschaft einiger Weniger über viele Andere der einzige Weg um den Frieden zu bewahren, sinnierte Simon Pichler, als er die Tür zu seiner kleinen Unterkunft im 32. Stock des neu erbauten Hochhauses aufschloss. Es gab Tausende gleichgeschalteter Häuser in Europa. Eine richtige architektonische Einheitsbrühe, zugemessen mit jeweils 12 Quadratmetern für die Einzelperson und 32 Quadratmetern für eine Familie mit einem Kind.

Mehr als ein Kind pro nichtchinesische Familie war von Peking ohnehin nicht erwünscht. Stärker vermehren sollten sich nur Angehörige des chinesischen Volkes. Immerhin aber war es aber der Initiative und – vor allem – dem Geld aus Peking zu danken, dass die große Wohnungsnot in Mitteleuropa relativ rasch beseitigt werden konnte. 

Simon Pichler zählte 25 Jahre und war 1,84 Meter groß. Seinen chinesischen Major überragte er damit um etwa 15 Zentimeter. Für den Major immer wieder ein Grund sich zu schämen.

Tja, die Chinesen waren halt anders gestrickt.

Was in Europa üblich ist, muss nicht unbedingt auch für China gelten. Umgekehrt aber genauso. Nichtsdestotrotz herrschte bestes Einvernehmen zwischen dem chinesischen Major und seinem europäischen Leutnant. Insbesondere dann, wenn sie gemeinsam das Bordell für Offiziere besuchten.

 Simon trug seine rotblonden Haare nach militärischer Art. Kurz und bürstenartig. Gut so. Auf seinem Kopf gab es keinen Platz für Läuse oder ähnliche Lästigkeiten. Im Gegensatz zu einigen anderen achtete er sehr auf seine persönliche Hygiene.

Außer ein paar Besuchen im Bordell hatte er keine Erfahrung im Umgang mit dem anderen Geschlecht. Er vermisste das aber nicht wirklich. Die Damen im Offizierspuff waren vorwiegend Inuit und rochen überall nach Fisch. Sich einen runterholen konnte man jeden Tag, ohne Fischgeruch …!

Sein ganzes Bestreben konzentrierte sich auf die Karriere in der Armee. Da wollte er es möglichst weit hinauf schaffen. In seinen Träumen war er schon zum General geworden, zum Shang Jiang.

Ihren heutigen Namen erhielt die Volksbefreiungsarmee während der auf die Kapitulation Japans im Jahr 1945 folgenden Machtübernahme durch die Kommunisten und der Gründung der Volksrepublik China 1949. Seitdem bildet die VBA, gemeinsam mit der Kommunistischen Partei Chinas und dem Staatsapparat, eine der drei Säulen des chinesischen Staates.

In den letzten Jahren nun war die VBA zu einer Säule der Welt geworden. Zusammengesetzt aus den über 90 ethnischen Gruppen Chinas – sie stellten vorwiegend die Offiziere – und aus Völkern des Teiles der Welt, der von Peking kontrolliert wurde.

Die allgemeine Wehrpflicht in der VBA dauerte zwei Jahre und alle männlichen Bürger, die vor dem 31. Dezember eines Jahres das 18. Lebensjahr vollenden, wurden zum aktiven Dienst rekrutiert. Frauen konnten ebenfalls zum aktiven Dienst rekrutiert werden, wenn die Armee sie brauchte.

Die weltweit einzig gültige Kommandosprache war das Pinyin. Die Standardvariante des Chinesischen, basierend auf dem Peking-Dialekt des Mandarins.

In allen ehemaligen Krisengebieten des Planeten sorgte die VBA mit ihrer Gesamtstärke von etwa 35 Millionen Soldaten für Ruhe, Frieden und Ordnung; allerdings nach Pekinger Vorgaben und Maßstäben.

Simon Pichler war seit fast sieben Jahren in der VBA aktiv und hatte mit der uralten Sprache und Schrift keinerlei Probleme. In seiner kleinen Wohnung roch es übel. Der Mief der vergangenen Jahre hatte eindeutig während seiner Abwesenheit die Dominanz übernommen.

Wundert mich nicht, gestand sich Simon ein. Warum war er nur so blöd gewesen und hatte nicht einen der Nachbarn gebeten hin und wieder mal durchzulüften. Dann fiel ihm ein, er kannte ja niemand von seinen Mitbewohnern. Sie ihn sicher auch nicht. So etwas wie eine Hausgemeinschaft gab es in den Wohnblöcken nicht. Jeder war nur rasch bemüht, die Tür hinter sich zu schließen und bevorzugte die Einsamkeit seiner wenigen Quadratmeter und die ständigen Verdummungsprogramme im TV.

Seufzend riss er das kleine Fenster auf. Nicht, dass die Luft draußen viel besser oder reiner war. Aber es vermischte sich der Smog der Stadt mit dem Mief der Wohnung und gemeinsam schafften sie es, die Dumpfheit zu überwinden und so etwas wie frische Luft vorzugaukeln.

Kein Vergleich mit der noch halbwegs reinen Luft Alaskas, stellte Simon fest. Überhaupt: was sollte er eigentlich da? Die Enge seines Raumes und die Enge der Stadt machte ihm zu schaffen. Schon jetzt. Wer jahrelang die Weite und den Sternenhimmel Alaskas genossen hatte, für den ist eine große Stadt mit ihren engen Gassen und dem ständigen Smog sehr, sehr schwer zu ertragen.

Wohin Simon auch schaute, alles verschmolz in seinem Auge zu einem grauen, trüben Einheitsbrei. Und in diesem Einheitsbrei stolzierten graue trübe Individuen umher. Von oben herab schienen sie alle grässlich klein. Wie eine Horde Insekten.

Hätte er nicht einen Stellungsbefehl bei dem ihm unbekannten General Fei Weng He in der Zentralen Militärkommission gehabt, er wäre umgehend in seine Garnison zurückgekehrt. Sofort!

Dort hatten sie ohnehin gewitzelt: „Vielleicht kommst du gleich in den Generalstab? Oder du wirst mit der Tochter eines hohen Funktionärs verheiratet?“

Simon Pichler zuckte dazu bloß mit den Achseln. Man würde schon wissen, wofür man gerade ihn benötigte. Grenzenlos war sein Vertrauen in die Führungskader und die Machtfülle aus Peking, die die Welt überstrahlte.

Also war er nun da und bereitete sich auf ein Gespräch mit dem ihm unbekannten General vor.

Zugegeben, leicht nervös war er aber schon.

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